Kautokeino - Norwegen |
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Kautokeino - Samikultur - Osterfest in Kautokeino - Traditionen und Trachten |
Kautokeino
Kautokeino liegt 120 km südlich von Alta in der Finnmarksvidda, der größten und gleichzeitig am spärlichsten besiedelten Provinz Norwegens. Sami ist die Muttersprache von 85 Prozent der Bevölkerung. Ein Drittel der 3.000 Bewohner lebt von der Rentierhaltung, die damit wichtigster Wirtschaftszweig des Ortes ist. 100.000 Rentiere gibt es schätzungsweise hier. Allerdings ziehen sie auf der Suche nach Nahrung über das Fjell und werden nur zur jährlichen Rentierscheide zusammen getrieben.
Auch in unserer modernen Gesellschaft ist die samische Kultur in dieser Region lebendig geblieben. Während des berühmten Osterfestivals in Kautokeino erhält man einen authentischen Einblick in die traditionelle samische Lebensart. Das Osterfest hat hier eine lange Geschichte. Traditionell trafen sich Samen aus der ganzen Region zu Ostern, um das Ende des langen Winters zu feiern und an religiösen Zeremonien teilzunehmen. Auch Hochzeiten und Taufen hatten in diesen Tagen traditionell Hochkonjunktur.
Kautokeino in Samisprache Guovdageaidnu
Das Osterfest ist den Sami wichtiger noch als Weihnachten. Zur Zeit, als sie Nomaden waren, kamen sie zu Ostern aus allen Himmelsrichtungen zusammen, schlugen an der Flußbiegung des Kautokeinoelv die Zelte auf und feierten ein großes Wiedersehen mit ihren Verwandten.
Die Kirche von Kautokeino
Die lange dunkle Zeit des Winters, in der zwei Monate lang die Sonne nicht über den Horizont hinaus schaute, war vorüber und das wurde gefeiert. Dieser Brauch hat sich bis auf den heutigen Tag bewahrt. Neben Karasjok ist Kautokeino das wichtigste Kulturzentrum der norwegischen Sami. Es gibt ein reiches Angebot an Theater-, Joik-, und Filmveranstaltungen. Die Osterzeit bietet einzigartige Chancen zum Erleben der facettenreichen samischen Kultur. Konzerte, Rentierrennen, Filme, Theater, Ausstellungen und kirchliche Veranstaltungen bilden eine bunte Mischung. Höhepunkte des Osterfestivals sind am Karsamstag die WM im Rentierrennen und der Sami Grand Prix .
Schön anzusehen sind die Menschen in ihren farbenprächtigen Trachten. Man trägt sie noch mit einer Selbstverständlichkeit. Egal ob alt oder jung! Die Kirchgänge werden dadurch zu einem besonderen Erlebnis.
Samifrauen beim kleinen Schwätzchen
Gut zu Fuß mit den weich gepolsterten Rentierstiefeln
Wie überall auf dem Land, ist die Kirche Treffpunkt der Gemeinde. Hier kann man die reich verzierten und farbenfrohen Trachten der Frauen und Männer ausgiebig bewundern. Die Leute lassen sich gerne fotografieren, wenn man sie darum bittet. Marith Penta Logje war besonders nett und hat mit Stolz ihr Outfit präsentiert. Als kleines Dankeschön wollte sie natürlich ein paar Fotos bekommen. Gesagt, getan! Nach dem "Fotoshooting" ist sie dann in einen alten Golf gestiegen und davongebraust. Tradition und moderne Lebensart sind eben kein Gegensatz!
Marit Pentha Logje - eine fröhliche Frau
Farbenfrohe Bänder und Stoffe
Typischer Schmuck der Samifrauen
Seidenstoff musste eingetauscht werden
Selbst junge Frauen tragen Tracht
Typisch für die Trachten von Nomadenvölkern ist die Kombination von heimischen Produkten (Felle, Wolle etc.) mit Dingen, die man im Tauschhandel erstehen musste. Die Sami konnten z.B. keinen Silberschmuck herstellen und hatten auch keine Seidenstoffe oder Webwaren. Und dennoch sind diese zentraler Bestandteil der farbenprächtigen Tracht. Auch junge Frauen tragen Tracht und Schmuck. Insbesondere der Silberschmuck gilt bei den Frauen als Zeichen ihrer samischen Kultur. Er wird auch gerne mit modernem Outfit kombiniert.
Die Männertracht wirkt nicht weniger interessant. Auch hier bewundern wir ein Zusammenspiel von Farben und Formen. Die traditionelle Kleidung der Sami besteht aus Lederschuhen mit hochgezogener Spitze, bunten Schuhbändern, Lederhose, dem Kolt (Gákti) – ein kittelähnliches Oberteil mit Schößchen –, einem Brustschmuck oder Halstuch und einer Mütze. Vor allem an der Machart des Koltes und der Mütze erkennt man die Zugehörigkeit zu einer bestimmen Gegend.
An der Tracht kann man viel ablesen - Herkunft, Familienstand, Status etc.
Die Männer wurden anlässlich der Tauffeierlichkeiten in ihre Sonntagstracht gesteckt. Mit derartig prachtvollen Kopfbedeckungen trifft man sie unter der Woche nicht an. Die Kolts und darunter Lederhosen aus Rentierhaut werden auch im Alltag getragen. Die Kleidung wirkt schön und zweckmäßig zugleich.
So eine Mütze trägt man heute nur bei feierlichen Anlässen
Ledig oder schon vergeben? Der Gürtel verrät es!
Rückenansicht einer Männertracht
Winterliche Kopfbedeckung
Es ist Ostersonntag. Der Festtag der ganzen Familie! Heute wird die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt sein. Und das norwegische Fernsehen befindet sich mit einem Übertragungswagen auch schon vor Ort! Bei schönstem Sonnenschein kommen die Familien mit ihren Sprösslingen zur Kirche. Auch die Kleinsten sind schon im Trachtenlook eingekleidet. Darunter befinden sich einige Täuflinge. Anders als bei uns zu Hause, sind die meisten Kinder bei ihrer Taufe schon dem Babyalter entwachsen.
Diese Familie hat sich für die bevorstehende Tauffeier herausgeputzt!
Der Gottesdienst wird zweisprachig gehalten. Der Pfarrer ist ein Norweger und erst seit zwei Monaten in Kautokeino. Seit Jahren übernimmt Aslak Anders, Geschäftsmann aus Kautokeino, die Aufgabe des Dolmetschers. Der Gottesdienst dauert geschlagene zwei Stunden. Kein Wunder, man hört ja alles doppelt! Selbst die Gemeindelieder werden mit unterschiedlichen Nummern angeschlagen. Einmal für die Sami-Ausgabe und einmal für das Norsk Samlebok. Dass man sich nicht auf eine einheitliche Nummerierung einigen konnte, ist uns dann doch eher unverständlich. Doch gesungen wird dann gemeinsam. Wir verstehen ohnehin weder das eine noch das andere. Die Melodien dagegen sind bekannt. Musik vereint eben doch alle Völker.
Der Gottesdienst beginnt!
In einem feierlichen Akt werden im Rahmen des Ostergottesdienstes die Kinder vieler junger Familien getauft. Schön zu sehen, dass es hier oben offenbar keine Nachwuchssorgen gibt!
Die Taufe findet nach alter Tradition an Ostern statt
Dieser Gottesdienst war sehr interessant. Auch wenn wir nicht viele norwegische Wörter verstanden hatten, so konnten wir durchaus Gemeinsamkeiten mit dem evangelischen Gottesdienst bei uns zu Hause erkennen.
Aslak Anders übersetzt vom Norwegischen ins Samische
Die Kirche von Kautokeino im Schein der Nachmittagssonne