Lofotfischfang - Norwegen |
||
Der Lofot-Fischfang früher - Der Lofot-Fischfang heute - Stockfisch - Aquakulturen |
Lofoten
Die Lofoten liegen etwa 400 km nördlich des Polarkreises im Atlantik, vom Festland getrennt durch den Vestfjord, zwischen dem 67. und 68. Breitengrad. Man erreicht die Inseln aus Süden mit der Fähre ab Bodø oder vom Norden über eine Tunnel- und Brückenverbindung namens "Lofast". Wir entschieden uns für die Anreise mit dem Schiff und für die Weiterfahrt nach Norden auf dem "Landweg". Der Ölreichtum Norwegens hat auch den Lofoten eine moderne Infrastruktur beschert!
Wo Thor den Hammer schwang, da zersplitterten die Felsen und die Lofoten entstanden. Der Göttervater schichtete sie auf, um eine bessere Aussicht zu den Fischschwärmen zu haben. So erzählt die germanische Sage. Die ersten Menschen siedelten hier schon vor 6000 Jahren wegen des gewaltigen Fischreichtums und die Wikinger waren ab dem 10. Jahrhundert regelmäßig zum Fischfang hier oben. Von Oktober bis November ziehen riesige Heringschwärme in den Vestfjord. Den Heringen folgen Orcas und denen wiederum Touristen...
Doch Hauptattraktion bleibt der Skrei - der norwegische Winterkabeljau. Ihm galt auch unser Interesse. Ende März war der Lofotfischfang noch in vollem Gange und wir wollten einen Eindruck vom geschäftigen Treiben hier oben gewinnen.
Lofoten - Moskenes
Blick auf die südliche Lofotenwand der Moskenesøya
Wer wie wir mit der Fähre von Bodø nach Moskenes übersetzt, erblickt mit etwas Wetterglück die beeindruckende Lofotenwand im Schein der Morgensonne! Ein dreieinhalb Milliarden Jahre altes Gebirge erhebt sich über 1000 Meter aus dem Meer! Die Berge sind kantig, schroff und wild und kaum erodiert. Der Grund: Die Eiszeit hatte die Lofoten viele hunderttausend Jahre lang im Griff und die Erosion unmöglich gemacht. Die zurückziehenden Gletscher ließen dann enge Fjordtäler und steile Bergflanken zurück, die eine echte alpine Herausforderung sind.
Die Insel Vaerøy
Wegen des warmen Golfstroms gibt es auch auf den Lofoten Schnee und Eis nur im Winter. Umso schöner, wenn uns die Inselgruppe in frischem weißen Gewand begrüßt. Es hatte über Nacht kräftig geschneit. Doch jetzt strahlt die Sonne! Die Fischerboote kündigen zudem an, dass der Kabeljau noch nicht weitergezogen war. Die Vorfreude auf die kommenden Tage ist groß!
Schon vor 1000 Jahren kamen Fischer aus anderen Teilen des Landes von Januar bis April in die Fischerorte der Lofoten, um auf dem Meer ihr Geld zu verdienen. In diesen Monaten wimmelte es in den Häfen von Fischerbooten, und die See 'kochte' regelrecht von Fischen, so dicht gedrängt tummelten sich die Fischleiber. Das hat die Lofotfischerei weltberühmt gemacht. Bis zum heutigen Tag sind die Lofoten das Zentrum des Kabeljaufanges. Weltweit wird der getrocknete Fisch als Delikatesse exportiert. 20 Millionen Tonnen werden von 2000 Fischern in den unwirtlichsten Monaten aus dem Eismeer gezogen, ausgenommen und auf Trockengestelle gehängt. Stockfisch ist vor allem in Portugal und Brasilien unter dem Namen Bacalao sehr weit verbreitet. Die wirtschaftliche Bedeutung des von Norwegen bis nach Brasilien als Volksnahrungsmittel verbreiteten Kabeljaus war selbst gegen Ende des 20. Jahrhunderts so groß, dass um die Fangrechte weit vor den Küsten einzelner Staaten regelrechte Kabeljaukriege mit Waffengewalt geführt wurden. Der Bestand dieses "Volksfisches" ist leider weltweit durch Überfischung und Klimawandel bedroht.
Reproduktion
Historiker haben ermittelt, dass der Skrei, so wird der Hochseekabeljau genannt, bereits im 12. Jahrhundert in getrockneter Form exportiert wurde. Viel spricht also dafür, dass dieser Fisch der erste norwegische Exportartikel überhaupt war.
Reproduktion
Reproduktion
Die größte Bedeutung für die Beschäftigung hatte der
Skreifang Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit waren mehr als 30 000
Personen, das damals größte Arbeitskräfteaufgebot Norwegens, auf die eine oder
andere Weise mit der Fischerei auf den Lofoten beschäftigt.
Johan Bojer
Die Lofotfischer
Der letzte Wiking Roman
Johan Bojer nimmt in diesem Roman Bezug auf die Schlacht am Trollfjord vom 6. März 1890, einem Kampf zwischen kapitalkräftigen Unternehmern in Dampfschiffen einerseits und einfachen Fischern in Segelschiffen andererseits um die Fischressourcen des Meeres.
Wenn die Männer aus den kleinen Dörfern an den Fjorden durch die Winterstürme hindurch jedes Jahr wieder die meilenweite Fahrt bis zur Inselgruppe der Lofoten wagen, um dort auf Fischfang zu gehen ...
Beim lesen dieses Buches in authentischer Umgebung fühlten wir uns in die "alte Zeit" versetzt ...
Es lohnt sich, dieses Buch, das leider nur noch im Antiquariat erhältlich ist, als Reiselektüre mitzunehmen!
Auch heute noch bildet der traditionelle Fischfang das wirtschaftliche Rückgrat der Lofoten. Etwa die Hälfte aller Industriearbeitsplätze haben mit Fischerzeugnissen zu tun. Wenngleich die modernen Fangflotten mit denen der Anfänge nichts mehr gemein haben, bedeutet die Fischverarbeitung bis zum heutigen Tag noch viel Handarbeit. Arbeitsplätze für Norweger und Saisonkräfte.
Fischkutter bei Ballstad
Die Fischtrawler bleiben oftmals mehrere Tage oder sogar Wochen draußen auf See. Fischer berichten uns von Tagen, an denen der Seegang so stark ist, dass sie weder Essen noch Fischen können. Beim Anblick der spiegelglatten See kaum vorstellbar. Doch wer jemals die Lofoten bei Sturm erlebt hat, glaubt gerne jedes Wort! Leider werden aus diesen Gründen auch keine Touristen mit auf Lofotfischfang genommen. Schade!
Beim Löschen der Ladung
Das war der letzte Schnapper
Prachtexemplar eines Kabeljau
Netart 1
Kabeljau und Dorsch sind unterschiedliche Bezeichnungen für die Fischart Gadus morhua aus der Familie der Dorsche. Als "Dorsch" bezeichnet man den noch nicht geschlechtsreifen Kabeljau. In Norwegen heißt der in Küstennähe lebende Fisch Torsk, der in der Hochsee lebende Fisch wird Skrei genannt. Der Kabeljau war bis etwa 1970 eine der verbreitetesten Fischarten der Welt. Die gute Verwertbarkeit und Lagerfähigkeit sowie die leichte Erbeutung haben dazu geführt, dass der Kabeljau am meisten unter Überfischung gelitten hat und trotz seiner Vermehrungsfreudigkeit im Fortbestand bedroht ist. Die Nachzucht dieses Fisches ist leider mehr als schwierig.
Netart 3
Die Vielfalt der Netze dokumentiert den Wandel bei den Fischfangbestimmungen. Zum Beispiel müssen in den Netzen Fenster eingearbeitet sein, die den Jungfischen die Flucht ermöglichen. Auch die Netzgrößen variieren von Saison zu Saison, ebenso die Fangquote.
Netart 2
In einigen Ortschaften gibt es Fischfabriken. Zum Beispiel in Ballstad, Svolvaer oder in Reine. Das Betreten ist aus hygienerechtlichen Gründen verboten. Aber einen Blick durch die offenen Firmentore haben wir gewagt! Die Leute waren überall sehr nett.
Man lässt sich bei der "Fließbandarbeit" die Laune nicht verderben - es gibt
Witze am laufenden Band!
Dorschrogen
Kabeljau heißt auch Dorsch und der hat eine Leber. Das weckt bei manchem Kindheitsalbträume: Lebertran! Auch heutzutage wird daraus noch Lebertran hergestellt. Und die Einheimischen genießen ihr Leibgericht aus Kartoffeln, Leber und Rogen, genannt Mølje. Angeblich sehr lecker!
Dorschleber
Kaum zu glauben, dass Franzosen von weit her anreisen, um fangfrischen Dorschrogen zu "ergattern"! Paul, Angestellter bei Fischer Iversen in Ballstad, hat uns dies berichtet. Dorschrogen ist also eine wahre Delikatesse.
Auch diese Damen lassen sich trotz Kälte die gute Laune nicht nehmen. Sie binden die ausgenommenen Fische an den Schwänzen zusammen, damit sie paarweise an den Trockengestellen aufgehängt werden können.
Der Kabeljau wird paarweise zusammengebunden
Mit Handschuhen eine echte Herausforderung!
Die Fischverarbeitung wird tatsächlich noch zu großen Teilen in Handarbeit vorgenommen. Das schont den Fisch und sichert den hohen Qualitätsstandard. Stockfisch wird übrigens in verschiedene Qualitätsgruppen eingeteilt.
Besuche sind nicht erlaubt, ohne vorherige Vereinbarung mit dem Betrieb. Schöne Grüße vom Qualitätsmanagement!
Zwischen März und Mai werden die Fische auf großen Holzgestellen an der frischen salzhaltigen Luft getrocknet. Das fettarme Fleisch des Kabeljau eignet sich hervorragend dafür. Erst seit 2008 ist der Stockfisch mit dem Markennamen „Tørrfisk frå Lofoten“ (Stockfisch von den Lofoten) gesetzlich geschützt. Und was war all die Jahre vorher?
Trockengestelle bei Reine mit Blick auf den 767 m hohen Rostadtindan - harte
Arbeit in toller Landschaft!
Etwas glitschig, der Fisch? Freundlicher Pole
Paarweise wird der ausgenommene und geköpfte Kabeljau auf die Trockengestelle gehängt. Dazu benötigen die Arbeiter einen guten Gleichgewichtssinn, denn sie balancieren abenteuerlich auf Leitern, schmalen Brettern und Stangen.
Der Fotograf tut es ihnen für diese Aufnahmen übrigens gleich!
Trockenfischgestelle
Der Fisch wird ungesalzen getrocknet, was ihn noch härter werden lässt, als wenn man ihn, wie andernorts, zunächst in Salzlauge einlegen würde.
Steile Trockengestelle bei Svolvaer
Selbst die Köpfe werden getrocknet
Er ist gar nicht glitschig!
Die Zungen werden aus dem Unterkiefer herausgelöst...
Dorschzungen sind eine Spezialität - das können wir bestätigen!
Die schier endlose Küstenlinie Norwegens bietet mit ihren geschützten Fjorden und dem kalten, klaren Meerwasser einmalige Voraussetzungen für die moderne Aquakultur. Seit Urzeiten sind die norwegischen Gewässer die Heimat des Lachses. Das Fleisch des edlen Fisches war aufgrund der begrenzten Vorkommen bis vor wenigen Jahrzehnten entsprechend teuer. Norwegen hat maßgeblich dazu beigetragen, Fisch-Sorten wie den Lachs oder die Fjord-Forelle nicht nur erschwinglich, sondern auch allzeit verfügbar zu machen. Klingt wie aus der Werbung, ist es auch! Der Text stammt von der Informationsseite der Norwegian Seafood Export Council (NSEC) in Tromsø.
Lachszuchtstation bei Mortsund
Futterautomat
Auch wenn man grundsätzlich skeptisch gegenüber derartigen Anlagen eingestellt ist, muss man dennoch eingestehen, dass auch das Nahrungsmittel Fisch nicht unbegrenzt verfügbar ist. Manch Norweger wird uns Bayern fragen, warum wir Schweine und Hühner in Ställen halten. Und für die Menschen auf den Lofoten bedeutet die Lachszucht eine Möglichkeit, die Existenz vor Ort zu sichern und nicht in die Ballungszentren im Süden abzuwandern. Auch gut. Allerdings tut man gut daran, die Entwicklung der Lachszucht weiterhin kritisch zu verfolgen (Medikamente, Parasiten, Umweltschädigungen etc.).
Kritisch interessantes zum Thema Lachszucht in Norwegen: http://www.naffen.de/forum
Detailinformationen zum Kabeljau: http://www.norwegenfisch.de/Wissen/Fischlexikon