Lappland (Sápmi) 2008 |
09.09.2008 - 11.09.2008 |
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Varanger Halbinsel - Festung Vardøhus - Vadsø - nordöstlichste Siedlung Hamningberg |
Die Vardøhus festning, auf deutsch Vardøhusfestung, ist die östlichste Festung Norwegens und zugleich die nördlichste der Welt. Sie liegt direkt an der Barentssee. Errichtet wurde die Festung von König Håkon V. um 1300. Sie diente der Wahrung der norwegischen Interessen in der Finnmark und an der Nordostpassage.
Die heutige Festung ist achteckig und wurde 1738 fertig gestellt. In dieser Festung befinden sich mehrere Gebäude, die alle vor 1825 errichtet worden sind.
Vardøhus festning
Die Festung wird von einem Verein tatkräftig unterstützt. Im Sommer werden regelmäßig Führungen von Mitgliedern in historischen Uniformen durchgeführt. In der Nebensaison ist natürlich wenig los, aber alle Räume sind zu den Öffnungszeiten zugänglich.
Das Haus des Kommandanten ist als einziges im Komplex verschlossen
Wie es zu einer Festungsanlage gehört, stehen jede Menge Kanonen und Kriegsgegenstände zur Betrachtung herum. Auch Erinnerungen an den 2. Weltkrieg, der Leid und Zerstörung in die Finnmark gebracht hatte, werden hier wachgehalten.
Historische Kanonen - einige funktionieren noch!
Aufgrund der extremen Lage im hohen Norden wächst hier kein Baum und kein Strauch. Lediglich die Eberesche "Rogna" vor dem Haus des Kommandanten gedeiht. Sie wird im Winter warm verpackt, um sie vor der salzhaltigen Meeresbrise zu schützen!
Kriegsmuseum mit historischen Waffen und Uniformen
Heute dient die Festung als Schule für die Seestreitkräfte. Die Festung hat Salutpflicht an allen Feiertagen sowie an den Geburtstagen des Königshauses. Und Vardøhus ist die einzige Festung nördlich des Polarkreises, die einen Zwei-Schuss-Salut abfeuert, wenn nach langer Winterdunkelheit erstmals im Jahr die Sonnenscheibe voll über dem Horizont steht. Dann haben alle Schüler von Vardø schulfrei!
Weit oben im Norden und ganz im Osten Norwegens, wo Himmel und Meer aufeinander treffen, liegt die Varanger-Halbinsel. Von kleinen Birkenwäldern und Mooren in Varangerbotn startend, verläuft die Europastraße 75 durch eine immer karger werdende Landschaft gen Osten. Meer und Himmel werden zur Unendlichkeit. Die Nähe zu Russland und der so genannte Pomor-Handel, die Zuwanderung aus Finnland und samische Traditionen prägen die Varangerhalbinsel und sind Teil ihrer spannenden Kulturgeschichte. Hier finden sich Schilderungen von Hexenverbrennungen ebenso wie Spuren des letzten Weltkriegs.
Stattlicher Rentierbock
Endlich bekommen wir das Wappentier Lapplands, das Rentier, aus nächster Nähe zu Gesicht.
Rentiere gelten zwar als halbzahm, jedoch Fremden gegenüber verhalten sie sich sehr scheu.
Im Herbst versammeln sich die Tiere und werden von den Sámi zu den Winterweideplätzen getrieben. Dann findet auch die Rentierscheide, das Kennzeichnen der Kälber und das Schlachten der Jungböcke, statt. Leider bekamen wir davon nichts mit.
Heutzutage leben nur noch 5% der Sámi auf Varanger von der Rentierzucht. Viele Samen sind Fischer, Jäger oder fertigen traditionelle Handwerksgegenstände an. Der Tourismus spielt natürlich, wie überall in Norwegen, auch eine Rolle.
Die Straße führt durch eine Mondlandschaft - einzigartig!
Hamningberg - Festlandnorwegens nordöstlichster Ort
Zwischen Vardø und Hamningberg geht es durch eine Art Mondlandschaft mit zerklüfteten Klippen weiter nordwärts zum "Ende der Welt" am eiskalten Wasser der Barentssee.
Am Ende der Straße liegt das kleine Fischerdorf Hamningberg. Der nordöstliche Ort Norwegens war lange Zeit verlassen. Doch zwischenzeitlich bevölkern die Menschen aus Vardø und Umgebung Hamningberg wieder während der Sommermonate. Die Straße ist im Winter gesperrt!
Wir finden hier am "Ende von Europa" zwar keinen offiziellen Campingplatz, aber das Jedermannsrecht ermöglicht es, eine Nacht "frei" zu campieren. Es lohnt sich!
Seitdem russische Forscher in den 60-iger Jahren des 20. Jhd. die Königskrabbe in der Barentssee ausgesetzt haben, vermehrt sie sich beständig. Zwischenzeitlich ist sie auch an Norwegens Küsten anzutreffen. Das beschert den Fischern und Tourismusanbietern zwar ein lukratives Geschäft, stellt aber das Ökosystem auf eine harte Probe. In Hamningberg kann man sich über Krabbenexkursionen erkundigen - oder über www.varanger.com.
Die Stadt liegt im nordöstlichen Teil von Norwegen in der Nähe von Kirkenes am Varangerfjord. Die geografische Lage ist 29°46'8" O, 70°4'16" N. Die Stadt hat ca. 6.062 Einwohner. Auch Vadsø stellt sich als ethnischer "Schmelztiegel" heraus. Im 19. Jhd. wanderten die Kvenen aus den nördlichen Regionen Finnlands und Schwedens nach "Ruija", dem Land am Eismeer.
An vielen Orten auf der Varangerhalbinsel findet man Spuren von berühmten Polarforschern. Roald Amundsen, Fridtjof Nansen und Umberto Nobile haben allesamt hier auf ihrem Weg zum Nordpol angehalten. Heutzutage sind es die Hurtigrutenschiffe auf ihrem Weg von oder nach Kirkenes.
Roald Amundsen wollte das unbekannte Gebiet zwischen dem Nordpol und dem amerikanischen Festland mit Hilfe eines Luftschiffes erforschen. Man wollte wissen, ob dort Landmasse vorhanden sei. Unterstützt wurde Amundsen vom italienischen Ingenieur Umberto Nobile, dem besten Konstrukteur weltweit. Er begleitete Amundsen 1926 auf der ersten Expedition mit der "Norge". Amundsen benötigte in Nordnorwegen einen Landeplatz für sein Luftschiff, um aufzutanken. Er wählte hierfür die Vadsøer Insel. Nobile konstruierte den Stahlkoloss. Der Mast wurde für nur zwei Expeditionen genutzt.
Blick auf
Vadsø mit Brücke und Hafen
Luftschiff-Ankermast heute - Erinnerung an die Polarforschung vor 80 Jahren!
Vadsø bezeichnet sich selbst als "Stadt mit dem hohen Himmel und weiten Horizont". Angesichts der insgesamt recht flachen Varangerhalbinsel ist diese Beschreibung durchaus zutreffend. Der Blick schweift ungestört in die Ferne... Wenn es da nicht eine bauliche Besonderheit gäbe, an der der Blick dann doch "hängen" bleibt. Gemeint ist der historische Luftschiffankermast auf der Insel von Vadsø, der Vadsøya. Heutzutage führt eine Brücke dorthin.
Der Luftschiffmast besteht aus einer Konstruktion von achteckigen Stahlträgern und ist 35m hoch. Er wurde in Italien produziert und in Vadsø zusammengebaut.
Das erste Luftschiff, die "Norge", hat am Mast fest gemacht
Norge 13 Mai 1926 - glückliche Landung in Alaska
Die
Route der Norge (16.4.1926 - 14.5.1926)
Von Vadsø flog die "Norge" nach Spitzbergen, überquerte den Nordpol, überflog unbekanntes Terrain, um dann ziemlich spektakulär in dem kleinen Inuitdorf "Teller" in Alaska zu landen. Amundsen und Nobile wurden bei ihrer Rückkehr als Helden gefeiert.
Allerdings litt die Freundschaft unter den Eitelkeiten der beiden Männer so sehr, sodass Nobile seine nächste Luftschiffexpedition mit der "Italia" im Jahr 1928 ohne Amundsen plante ...
Februar 1926. Die Männer arbeiteten zügig. Nur zwei Monate werden benötigt, um den Stahlkoloss zu errichten. Am 6. Mai 1926 erscheint dann die "Norge" am norwegischen Horizont. Der große Augenblick war gekommen!
New York Times
Das Jahr 1928 war auch das Schicksalsjahr für Roald Amundsen. Die "Italia" havarierte im Eis nördlich von Spitzbergen. Nobile richtetet eine Rettungsanfrage an Amundsen. Dieser willigte sofort ein. Er startete am 18. Juni 1928 mit dem Flugzeug von Tromsø gen Norden, kehrte aber nie zurück! Nobile und sieben seiner acht Leute überlebten dank einer internationalen Rettungsaktion.
Amundsen Denkmal in Tromsø
Ein Stück Zeitgeschichte kann man hautnah im kleinen aber liebevoll eingerichteten Luftschiffmuseum von Vadsø erleben. Wir haben uns mit Tove, Museumspädagogin des Vadsø-Museums, verabredet. Sie fährt mit uns auf die Vadsøya. (Das Hauptmuseum liegt auf der Festlandseite, im Gehöft Esbensgården, und widmet sich der Geschichte der Kvenen.)
Nachbau der Gondel
Neben Zeitungsausschnitten, Infotafeln (auch in deutscher Sprache - Hurtigrutentouristen kommen regelmäßig hierher) und Fotografien beeindruckt der Nachbau einer Luftschiffgondel. Diese Gondel ist zwar nicht maßstabsgetreu, aber dennoch ein Hingucker! Der Nachbau wurde anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der "Italia-Expedition" Umberto Nobiles und zu Ehren des 70. Todestages Amundsens dem Museum gestiftet.
Im Inneren der Gondel
Im Inneren der Gondel zeigt uns Tove ein sehr interessantes Video über die Luftschiffabenteuer von Amundsen und Nobile. Besonders beeindruckt uns das sehr ausführliche Interview mit Umberto Nobile (1885 - 1979). Geschichte live!